Wenn es stimmt, was mir meine Mutter erzählt hat, habe ich mithilfe unserer Hündin Missy das Laufen gelernt. Missy war eine gutmütige Bordercollie- Mischlingshündin und hatte sich kurz nach meiner Geburt zu meiner persönlichen Beschützerin erklärt. Ausser meinen Eltern durfte sich niemand ohne ihre Erlaubnis meinem Kinderwagen nähern. Sie war einfach immer da, für mich. Missy gehörte in meinen ersten Lebensjahren ganz selbstverständlich zu meiner Welt. Und dann – war sie es nicht mehr. Ich kann mich an diesen Tag nur bruchstückhaft erinnern. Alle haben viel geweint.. für mich ist es die erste Erinnerung daran, wie es sich anfühlt, wenn man von Traurigkeit und Verzweiflung absolut durchgeschüttelt wird. Für mich brach meine Welt zusammen. Meine Eltern versuchten mich zu trösten, versprachen mir einen neuen Hund.. was sollte ich mit einem neuen Hund? MEINE MISSY war weg.. Irgendwann schlief ich erschöpft ein.

Das Haustier – der beste Freund des Kindes

Unsere Haustiere sind für uns Familienmitglieder. Gerade Kinder entwickeln zu Ihnen eine besonders enge Beziehung. Kinder spüren und leben die Verbindung zu unseren Mitgeschöpfen meist auf eine ganz natürliche Weise. Der Familienhund ist Spielkamerad, Beschützer, Lehrer und bester Freund in einem, die Katze die engste Vertraute. Ihnen kann man alle Ängste, Sorgen und Geheimnisse ins Ohr flüstern. In einer Welt der Erwachsenen sind Tiere in den Augen unserer Kinder ihre Verbündeten. Sie begleiten sie durch die verschiedenen Phasen der Kindheit und Jugend. Zeiten, in denen es bisweilen sehr turbulent zu und her geht und Eltern eigentlich nur nerven.

Tiere hören einfach zu, stellen keine Fragen, fordern und urteilen nicht-  sie spenden Trost und Nähe, sie plaudern keine Geheimnisse aus, bei ihnen muss man auch nicht cool sein.. sie sind einfach da. Für manche Kinder sind sie zeitweilig sogar die einzige Konstante.

Wenn das Haustier stirbt…

Wenn ein Haustier stirbt oder sich sein Lebensende abzeichnet, ist das für ein Kind oft die erste Begegnung mit dem Tod, mit dem Verlust eines geliebten Familienmitglieds. Gerade wenn die Kinder klein sind, haben viele Mütter und Väter den Impuls, ihren Kinder diese traurigen Erfahrung ersparen zu wollen. Ist das richtig? Ist das falsch? Eltern stehen plötzlich vor der Frage, wie sie ihr Kind dabei begleiten sollen.
DIE Antwort darauf gibt es nicht. Jede Familie ist anders, jeder Erwachsene und jedes Kind ist anders und geht anders mit emotionalem Stress wie dem Schmerz und der Trauer um den Verlust eines geliebten Tieres um. Auch möchte ich hier kurz festhalten, dass ich weder Psychologin noch Erziehungsexpertin bin. Alles Folgende sind meine rein persönlichen Gedanken zu diesem Thema.

Eltern sind Vorbilder – auch beim Abschied vom Haustier

Meines Erachtens nach ist es für unsere Kinder sehr wichtig, wie wir Erwachsene mit Trauer und Verlust umgehen können. Es kann ja durchaus sein, dass wir selbst noch sehr mit unseren Gefühlen zu kämpfen haben- abhängig davon, welche Erfahrungen wir bislang selbst mit Themen wie Verlust, Trennung, Tod und Trauer gemacht haben. Wie damit in unseren Familien umgegangen wurde. Was uns unsere Eltern vorgelebt haben. Wenn wir als Eltern merken, dass wir hier noch etwas für uns tun können und dabei Unterstützung brauchen, möchte ich jede Mutter und jeden Vater dazu ermutigen. Mittlerweile gibt es ein wachsendes Angebot an professioneller Trauerbegleitung. Das darf auch für weit zurückliegende Erfahrungen genutzt werden. Wir sind die Vorbilder und Leuchttürme unserer Kinder – auch wenn sie das bisweilen verneinen mögen. Wenn wir von unserer Trauer überwältigt sind, können wir das aber nicht sein. Wie wir mit diesen Themen des Lebens umgehen, prägt, wie unsere Kinder damit umgehen werden.

Wie reagieren Kinder auf den Abschied vom Haustier?

Häufig wird mir die Frage gestellt, ob Kinder beim Einschläfern des Tieres dabei sein sollen. Meine Antwort: Es kommt darauf an, was sich für Sie und ihre Familie richtig anfühlt und wie Sie als Erwachsene mit der Situation umgehen.
Denn sind hier Erwachsene mit sich im Reinen, projizieren sie auch nicht ihre teils übertriebenen Sorgen auf die Kinder, sondern lassen sie ihre eigenen Erfahrungen machen.

Meiner Erfahrung nach gehen Kinder, insbesondere kleine Kinder, sehr natürlich mit dem Thema Tod um. Schnell wird er als Teil des Lebens akzeptiert. Natürlich gibt es Tränen, natürlich sind sie traurig , oder wütend, oder wechseln schnell zwischen verschiedenen Gefühlen. Manche sind  sogar neugierig, stellen die verschiedensten Fragen, auch solche, die Erwachsenen mal unpassend vorkommen könnten.

Wir als Eltern sollten auf Fragen immer in Übereinstimmung mit unserer eigenen religiösen, spirituellen oder persönlichen Einstellung antworten. Kinder merken sofort, wenn wir Ihnen etwas vormachen. Auch ein «Das weiss ich nicht» ist eine ehrliche und damit eine gute Antwort.

Wie können wir Kindern helfen, den Tod des Haustieres zu verarbeiten?

Eltern können Ihre Kinder beim Tierabschied aktiv unterstützen. Es gibt eine Reihe an einfühlsamen Kinderbüchern, die helfen können Kinder auf den Verlust ihres Tieres vorzubereiten.
Erlauben Sie Ihren Kindern sich einzubringen – ohne sie zu drängen. Vielleicht möchte das Kind dem Hund noch eine Geschichte vorlesen, einen Brief schreiben, ein Bild malen … oder mit Ihnen gemeinsam nach dem Abschied ein Fotoalbum gestalten und es mit lustigen Geschichten aus dem Leben des Tieres ergänzen. Vielleicht möchte es die Asche des Tieres am Lieblingsplatz verstreuen oder einen Baum pflanzen. Wie für uns auch ist es wichtig, sich nicht auf den Tod des Tieres zu fixieren und in der Trauer zu verlieren, sondern durchaus auch kreative Wege zu finden, sie zu verarbeiten.
Ob Kinder sich von Hund, Katze, Kaninchen, Meerschweinchen, Wellensittich, Hamster, Ratte, Maus verabschieden müssen… das spielt für sie keine Rolle. Formulierungen wie «nur eine Maus», «morgen kaufen wir Dir einen neuen Hamster», «das ist doch nicht so schlimm» … gehören hier nicht hin. Obgleich gut gemeint, können solche Sätze sogar verletzen und unbeabsichtigte Botschaften vermitteln. Kinder möchten gesehen und ernst genommen werden. Sie sollten erfahren, dass ihre Gefühle in Ordnung sind und gelebt werden dürfen. Für sie ist das gleichbedeutend mit der Gewissheit, dass sie in Ordnung sind.

Auch wenn das nicht für jedes Kind zutreffen wird: viele Kinder fühlen sich verantwortlich für das, was in ihrem Umfeld passiert. So glauben viele, es habe etwas mit Ihnen zu tun, wenn sich z.B. die Eltern scheiden lassen. Manchmal beobachten wir dies auch beim Tod des Haustieres. Das Kind denkt, irgendetwas was es getan oder gesagt oder aber nicht getan oder gesagt hat, sei verantwortlich für den Tod des Tieres. Wir als Eltern sollten in dieser verletzlichen Zeit besonders sensibel sein und sicherstellen, dass unsere Kinder hier nicht unnötig leiden.

Ein paar Gedanken zum Abschluss…

Wie gesagt, ich bin Tierärztin, keine Pädagogin.

Selbstverständlich spielt beim Abschied vom Tier, und wie in der Familie damit umgegangen wird, auch das Alter des Kindes eine Rolle. Ich persönlich denke, es macht oft einen Unterschied, ob der Tod des Tieres plötzlich und unerwartet eintritt, oder ob die Familie Zeit hatte, sich darauf vorzubereiten.

Der geplante Abschied vom Haustier in Ruhe gibt uns die Chance eines schönen Abschlusses einer langen Freundschaft. Wir können uns und unsere Kinder in Ruhe vorbereiten. Ein liebevolles Adieu ist eine gute Voraussetzung für eine gesunde Verarbeitung des Verlustes und der Trauer um unsere treuen Vierbeiner.

Hier eine kleine Auswahl an Kinderbüchern, die sich dem Thema Abschied vom Haustier widmen:

«Bikos letzter Tag»
Es ist die Geschichte von einem alten Hund, dem das Leben zunehmend Mühe bereitet. Dieses Bilderbuch zeigt in einfühlsamen Bildern die Trauer der Menschen und die Kraftlosigkeit des Hundes, für den der Tod eine Erlösung ist. Es kann helfen, Kinder auf den Abschied vorzubereiten.

«Leni und die Trauerpfützen».
Hier stehen die Gefühle des Kindes nach dem Verlust im Vordergrund. Das Buch will Eltern und Kinder ermutigen, ihre Gefühle herauszulassen und Verständnis für Stimmungsschwankungen wecken.

«Adieu Herr Muffin»
In dieser Geschichte geht es um den Abschied von einem Meerschweinchen namens Herr Muffin. Ein Bilderbuch über den Umgang mit dem Älterwerden, dem Sterben und dem Traurigsein.

«Gehört das so??!»
Die Geschichte eines Mädchens, die über den Tod ihres Kanarienvogels Elvis trauert.
Ab 5 Jahren.